Seit meiner Ersterkrankung war ich viermal in der Psychiatrie: 2010, 2018 und 2019 wegen akuter Psychosen sowie dieses Jahr wegen eines Burnouts.
Glücklicherweise konnte ich dort auch heilsame Erfahrungen machen. Andernfalls hätte ich wohl kaum die Chance gehabt, meine Skepsis gegenüber dieser Institution zu überdenken.
Als ich die hohe Dosierung der Neuroleptika, mit denen meine Stress- und Psychoseanfälligkeit behandelt wurde, zunehmend als hinderlich empfand, wollte ich ganz ohne Medikamente auskommen und setzte sie mehrfach abrupt ab. Nachdem ich daraufhin erneut psychotisch geworden war und in die Psychiatrie eingewiesen worden war, hatte ich den Eindruck, die Ärzte wollten mir meine Selbstbestimmung nehmen und mich mit Medikamenten ruhigstellen, um mich anschließend damit zu entlassen.
In diesem Jahr hatte ich „nur“ ein Burnout, konnte klar denken und fühlen – und war erstmals in der Lage, während der Behandlung in der Tagesklinik Blankenburg das Spektrum an Hilfsmöglichkeiten wahrzunehmen und zu nutzen, das diese Einrichtung bietet. Zum ersten Mal empfand ich die Behandlung und das Behandlungsteam der Psychiatrie als heilsam.
Dabei wurde mir bewusst, wie sehr meine Wahrnehmung subjektiv ist. Das psychiatrische Umfeld und das Personal können gleich bleiben, doch meine Sichtweise kann sich stark verändern. Mal empfinde ich sie als hilfreich und heilsam, mal als das Gegenteil.
Diese Erkenntnis möchte ich nutzen, um mich sowohl für ein gutes Patientenmanagement als auch für heilsame Interventionen innerhalb des psychiatrischen Versorgungssystems einzusetzen.
Als ich im Februar einen Leserbrief zum Artikel „Das Problem heißt Psychose“ an ZEIT ONLINE schickte, um auf meine persönlichen Erfahrungen mit minimaler Medikation aufmerksam zu machen und ein strengeres psychiatrisches Management zu hinterfragen, erhielt ich keine Antwort.
Auch auf meinen Bericht über heilsame Erfahrungen in der Psychiatrie, den ich vor sechs Wochen bei Mad in America einreichte, um der psychiatriekritischen Gemeinschaft eine alternative Stimme zu bieten, habe ich bislang keine Rückmeldung erhalten.
Einen Mittelweg zu finden, erweist sich als schwieriger als gedacht. Das liegt sicherlich auch an meinen eigenen kommunikativen und sprachlichen Möglichkeiten.
Der Ausgang dieses Selbstversuchs ist ungewiss. Ich weiß nicht einmal, ob sich dieser Weg wirklich lohnt.
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