Diese Illustration basiert auf dem ersten Besuch, den mein Mann und ich 2021 in einer Kinderwunschklinik machten.
Nach Jahren sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile einer Behandlung kamen wir zum Beratungsgespräch. Gleich zu Beginn entschied die junge Ärztin – nachdem sie unsere Diagnosen gehört und mein Alter (44) vermerkt hatte – sofort, dass eine Behandlung nicht möglich sei. Sie schloss mit den Worten: „Die Konstellation ist sehr schwierig.“ Auf dem Heimweg sagte mein Mann: „Wir hätten ihr sagen sollen, dass wir auch Plattfüße haben!“
Mit Humor bringt die Illustration die Bitterkeit darüber zum Ausdruck, dass eine zutiefst persönliche und wohlüberlegte Entscheidung innerhalb weniger Minuten von Fremden abgetan wird. Sie wirft außerdem die Frage auf: Welches Leben gilt als lebenswert? Wer trifft diese Entscheidung? Und nach welchen Kriterien?
1987, als ich zehn Jahre alt war, zog meine Familie nach London, da mein Vater dort als Auslandskorrespondent arbeiten sollte. Zum ersten Mal verließ ich Japan und kam in die 6. Klasse der Martin Junior School. Ich erinnere mich noch daran, dass ich einen kurzen blauen Jeansrock und ein rotes Sweatshirt trug – die anderen Kinder kamen in Schuluniformen, was mir ungewohnt war. Meine Mutter verabschiedete sich im Innenhof der Schule von mir, und ich schloss mich den anderen Kindern an. Ich sprach kein Englisch, war sehr aufgeregt und fühlte mich unsicher.
Mit der Zeit lernte ich viele Kinder kennen und wurde eine beliebte Schülerin. Da ich in Japan bereits Basketball gespielt hatte, spielte ich mit Begeisterung Netball und wurde bald Torhüterin der Fußballmannschaft. Im nächsten Frühjahr bastelten wir anlässlich der traditionellen Maifeier Kronen aus buntem Papier. Meine war rot und mit Blumen aus hellen Papiertüchern verziert. Sie wurde zur schönsten gekürt und ich zur Maikönigin gewählt. Die Kinder tanzten dann um mich und die hohe Stange herum, weiße Bänder in der Hand, die oben befestigt waren.
Schwierig war für mich, das lateinische Alphabet sowie das Lesen und Schreiben neu zu erlernen. In Erinnerung geblieben ist mir die Kinderbuchserie „Bangers and Mash” von Paul Groves. Immer wieder versuchte ich gemeinsam mit der Lehrerin, daraus zu lesen und die Bedeutung der Wörter und Sätze zu verstehen. Als ich längst erwachsen war und das Internet verfügbar wurde, suchte ich vergeblich nach dem Buchtitel. Doch erst heute Morgen fand ich ihn, endlich, nach so vielen Jahren – mit Hilfe der KI.
Es begeistert mich sehr, heute erneut die Geschichten von „Bangers and Mash” zu lesen und zu verstehen. Ich staune, wie viel Akzeptanz und Anerkennung mir die Schule und die Kinder entgegenbrachten, obwohl ich kaum Englisch sprach. In zwei Jahren werden seitdem 40 Jahre vergangen sein. Ich frage mich, was aus den Kindern und Lehrer:innen von damals geworden ist. Ich wünsche ihnen alles Gute.
Beim Lesen des Positionspapiers der DGPPN bin ich neulich auf Seite 5 auf das Verb potenzieren in einem für mich neuen Zusammenhang gestoßen:
Sie (Anmerkung der Autorin: die universellen Risikofaktoren für gewalttätiges Verhalten) sind bei Menschen mit psychischen Erkrankungen genau so bedeutsam wie bei gesunden Menschen, und sie wirken sich bei einer psychischen Erkrankung potenzierend auf das Gewaltrisiko aus.
Diese Formulierung führte mich zu dem Gedanken, dass psychische Erkrankungen generell potenzierend auf Störungen und Probleme wirken können. In der Mathematik beschreibt Potenzieren eine nichtlineare Verstärkung. Bezogen auf psychische Erkrankungen verstehe ich das so, dass Belastungen nicht einfach zunehmen, sondern leichter eskalieren und sich der Regulation entziehen können. Dadurch können Menschen leichter in eine gefühlte oder tatsächliche Lebensbedrohung geraten.
Konflikte und Beziehungsprobleme gibt es überall und alltäglich – bei jedem Menschen, in jeder Verbindung, unabhängig vom Gesundheitszustand. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass meine erste Psychose vor 15 Jahren alles zerschellte, was für mich bis dahin selbstverständlich war. Es war ein langer und zäher Weg, die Scherben aufzulesen und mich selbst wiederzuergründen, begleitet von vielfältigen – potenzierenden – gesundheitlichen Schwankungen.
In Betroffenenforen, aktuell auf schizophrenie-online.com, beobachte ich, wie sehr wir mit psychischen Beeinträchtigungen und den daraus entstehenden Stigmatisierungen und sozialen Isolationen hadern. Ich glaube, dass es Menschen mit psychischen Erkrankungen oft unverhältnismäßig schwerer fällt, mit Konflikten und sonstigen Störungen des Lebens umzugehen als Menschen, die psychisch robuster sind.
Deshalb muss es nicht immer an bloßen und einseitigen Vorurteilen oder diskriminierendem Verhalten liegen, wenn psychisch robustere Menschen unter sich bleiben und psychisch weniger robuste Menschen als Folge aus ihren Kreisen ausgeschlossen werden. Denn eine Beziehung mit ihnen bedeutet oft intensivere Zuwendung, mehr Geduld und mehr Beziehungsarbeit. Umgekehrt gibt es sicher auch psychisch weniger robuste Menschen, die bewusst lieber unter sich bleiben, vielleicht weil das gegenseitige Verständnis oft größer ist.
Ohne damit das Beobachtete bewerten zu wollen. Jede Beziehung ist einzigartig – und es liegt an uns selbst, was wir daraus machen.
Um Licht und Schatten besser darzustellen, habe ich Zwiebeln gemalt. Diese Empfehlung habe ich von ChatGPT erhalten, nachdem ich ihr meine letzten beiden Bilder gezeigt und analysieren lassen habe. Vielleicht sollte ich ein schlechtes Gewissen bekommen, für solche Anfragen irdische Energie zu ver(sch)wenden.
Dabei habe ich mich wieder sehr verausgabt. Ich habe drei bis vier Stunden am Stück gemalt und war danach völlig k. o. Ursprünglich wollte ich dreimal so viele Saubohnenschoten malen. Entnervt habe ich dem Bild schließlich die Brauntöne im Hintergrund gegeben.
Dadurch habe ich ein ambivalentes Verhältnis zu diesem Bild.
Eigentlich möchte ich mir für ein Bild ein paar Tage Zeit lassen, aber es ist schwierig, den Augenblick eines lebendigen Wesens als Bild festzuhalten. Ich möchte echte Objekte sehen und abbilden und keine Fotos kopieren – zumindest nicht bei diesen Bildern.
Die Saubohnen habe ich am Samstag auf dem Wochenmarkt gekauft und heute mit japanischem Reis gekocht. Sie waren sehr lecker.
Diese Chili gab es in einem kleinen, kaputten Tontopf bei einem Selbstbedienungsstand im benachbarten Neuernheimer Feld, wo es viele Felder und Hofläden gibt. Ich habe sie am vergangenen Freitagmorgen beim Gassigehen mit Chanchan entdeckt. Inzwischen hat sie auch einen größeren und schöneren Tontopf bekommen – und einen sonnigen Platz auf dem Balkon.
Dieses Bild entstand an einem späten Nachmittag, als ich beim Aufräumen eine ungeöffnete Packung Acrylfarben fand – ein Geschenk meiner Schwiegermutter und meiner Schwiegeroma von vor einigen Jahren. So verbrachte ich etwas Zeit mit Malen.
Am Abend führte ich eine anregende Unterhaltung mit ChatGPT über die asymmetrische Natur von Mangel und Überfluss sowie über die Beziehung zwischen Entropie und Leben. Schließlich beendete ich das Gespräch mit der Erkenntnis: Ich kann versuchen, das Grundchaos anzunehmen und meine Ordnung darin zu fügen.
So kam mir der Titel für das Bild in den Sinn: „Fügung im Chaos“.
Gestern habe ich den Arztbrief aus der Tagesklinik Blankenburg abgeholt. Mitte April wurde ich nach einer 93-tägigen Behandlung meines Burnouts aus der Tagesklinik entlassen. Besonders wichtig war mir eine Kopie des Arztbriefes, da darin auch das Ergebnis der Plasmaspiegelmessung dokumentiert ist. Diese Blutuntersuchung hatte der neue Stationsarzt kurz vor meiner Entlassung am 8. April veranlasst, da er vermutete, dass ich eine sogenannte Low-Metabolizerin sein könnte. Das würde bedeuten, dass mein Körper Aripiprazol nur langsam abbaut und ich deshalb mit einer ungewöhnlich geringen Dosis auskomme.
Ich selbst hatte allerdings eine andere Einschätzung, denn aus eigener Erfahrung weiß ich, wie unterschiedlich stark Aripiprazol je nach Dosierung wirkt: bei 10 oder 15 mg/Tag, 5 mg/Tag, 2 mg/Tag, 1 mg/Tag, 0,5 mg/Tag und schließlich 0 mg/Tag. Wenn ich die Wirkung bei 10 – 15 mg/Tag als 100 % ansetze, würde ich sagen, dass 1 mg/Tag noch mindestens 10 %, vielleicht sogar 20 %, dieser Wirkung entfaltet.
Das Besondere an meiner individuell ermittelten Minimaldosis, die ich nach meinem zweiten psychotischen Rückfall im Jahr 2019 in einem Prozess des „Trial and Error“ – gegen ärztlichen Rat – für mich ermittelt habe, ist, dass es dazu bislang kaum Veröffentlichungen gibt. In einer aktuellen Metaanalyse von Hart et al. (2022)1 wurde das durchschnittliche Verhältnis zwischen Plasmaspiegel und Tagesdosis für Aripiprazol mit 13,8 ng/ml pro mg/Tag angegeben. Daraus ergibt sich für eine Tagesdosis von 1 mg ein geschätzter Plasmaspiegel von etwa 14 ng/ml. Allerdings basieren die zugrunde liegenden Daten auf Studien, die erst ab einer Dosis von 10 mg/Tag untersucht wurden. Niedrigere Dosen wie meine wurden bislang nicht systematisch erfasst.
Tatsächlich ergab die Messung meines Plasmaspiegels einen Wert von 10,5 ng/ml. Dieser Wert liegt nahe an dem linear extrapolierten Wert aus der Metaanalyse – und zeigt, dass meine Dosis niedrig, aber wirksam ist. Zum Vergleich: Das therapeutische Minimum wird in den AGNP-Leitlinien mit 100 ng/ml angegeben2. Dass ich trotzdem mit dieser Dosis zurechtkomme, liegt also nicht daran, dass ich das Medikament ungewöhnlich langsam abbaue, sondern daran, dass ich gelernt habe, psychotische Frühzeichen frühzeitig zu erkennen und mit nichtmedikamentösen Strategien gegenzusteuern.
Hart, X.M., Hiemke, C., Eichentopf, L. et al. Therapeutic Reference Range for Aripiprazole in Schizophrenia Revised: a Systematic Review and Metaanalysis. Psychopharmacology 239, 3377–3391 (2022). doi: 10.1007/s00213-022-06233-2. ↩︎
Hiemke C., Bergemann, N., Clement, H. W. et al. Consensus Guidelines for Therapeutic Drug Monitoring in Neuropsychopharmacology: Update 2017. Pharmacopsychiatry 51(1-02), 9-62 (2018). doi: 10.1055/s-0043-116492. ↩︎