Schlagwort: Schizophrenie

  • Stellungnahme zum Positionspapier der DGPPN „Prävention von Gewalttaten” vom 23. Juni 2025

    Stellungnahme zum Positionspapier der DGPPN „Prävention von Gewalttaten” vom 23. Juni 2025

    Nachdem ich die beiden ZEIT-Artikel von Februar bzw. Mai dieses Jahres als einseitig und stigmatisierend empfunden hatte, war ich zunächst skeptisch, welche Haltung die DGPPN (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V.) in ihrem heute Morgen veröffentlichten Positionspapier vertreten würde. Umso mehr hat es mich gefreut, dass das Papier einen differenzierten Eindruck macht und sich – soweit ich das als Laie beurteilen kann – auf zahlreiche Studien und wissenschaftliche Quellen stützt.

    Wie darin unter anderem dargelegt wird, lässt sich nachweisen, dass das Gewaltrisiko bei psychischen Erkrankungen wie Schizophrenie und anderen psychotischen Störungen erhöht ist. Das individuelle Gewaltpotenzial kann jedoch niemals allein aufgrund einer psychiatrischen Diagnose vorhergesagt werden. Es ist zwar möglich, Risikoprofile zu erfassen, doch auch damit lassen sich gewaltbereite Straftäter:innen vor ihren Taten nicht verlässlich identifizieren. Das erscheint mir plausibel, da ich Gewalt als situativ bedingt erlebe und niemanden grundsätzlich für gewaltfrei halte.

    Besonders begrüße ich die klare Forderung nach einer konsequenten psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Auch die Betonung der sozialen und beruflichen Teilhabe halte ich für äußerst wichtig. Ebenso notwendig ist die Thematisierung eines möglichen Ausbaus der gesetzlichen Möglichkeiten zur medikamentösen Zwangsbehandlung in „wenigen ausgewählten Fällen“ – vorausgesetzt, dies geschieht mit größter Zurückhaltung und unter sorgfältiger Abwägung zwischen individuellen Rechten und dem Schutz öffentlicher Interessen.

    Was mir im Positionspapier gefehlt hat, ist der Hinweis, dass sich der langfristige Krankheitsverlauf durch gezielte therapeutische Maßnahmen deutlich verbessern kann, sich bei unzureichender Versorgung aber auch erheblich verschlechtern kann. Ziel jeder Behandlung sollte es sein, den Betroffenen ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen und gesellschaftlicher Marginalisierung aktiv entgegenzuwirken.

    Nicht zuletzt hätte ich mir gewünscht, dass das Papier eine differenziertere und stigmatisierungsabbauende Berichterstattung in den Medien einfordert. Einseitige und stigmatisierende Darstellungen leisten keinen Beitrag zur Gewaltprävention – im Gegenteil. Was wir dringend brauchen, ist eine nachhaltige Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen. Nur so können mehr Menschen frühzeitig professionelle Hilfe suchen und annehmen, ohne Angst vor Ausgrenzung zu haben.

  • Mein Weg mit Neuroleptika – ein Rückblick

    Mein Weg mit Neuroleptika – ein Rückblick

    In diesem Beitrag möchte ich den Verlauf meiner Aripiprazoleinnahme von meiner ersten Psychose im August 2010 bis heute nachzeichnen. Aripiprazol ist ein atypisches Neuroleptikum zur Behandlung von Schizophrenie. Seit meiner ersten Psychose habe ich es – mit wenigen Ausnahmen – durchgehend als Monotherapie eingenommen.

    Rückblickend lässt sich mein Umgang mit dem Neuroleptikum in drei Phasen gliedern.

    Phase 1: Medikamentös hergestellte Stabilität (2010 bis 2016)

    Nach meiner ersten Psychose erhielt ich täglich 15 Milligramm Aripiprazol (A im Diagramm). Diese Dosis nahm ich über einen Zeitraum von fünf bis sechs Jahren ein. Zwar stabilisierte mich das Medikament, doch es wirkte sich tiefgreifend auf meine Lebensqualität aus. Ich konnte kaum noch klar denken oder fühlen und litt dauerhaft unter Antriebslosigkeit. Zudem war mein natürliches Sättigungsgefühl nicht mehr vorhanden, und ich entwickelte Adipositas.

    Ein denkwürdiges Erlebnis hatte ich nach einem anregenden Austausch im Online-Forum für Menschen mit Schizophrenie. Ich verspürte große Freude – ein in dieser Zeit sehr seltenes Gefühl. Die Tatsache, dass ich überhaupt Gefühle empfand, verunsicherte mich. Als ich meiner damaligen Psychiaterin davon berichtete, erhöhte sie die Dosis für zwei Wochen auf 20 Milligramm (B im Diagramm).

    Phase 2: Absetzversuche und Rückfälle (2016 bis 2019)

    Zwischen 2016 und 2019 unternahm ich drei Versuche, das Aripiprazol vollständig abzusetzen (C, D und E im Diagramm). Jedes Mal fühlte ich mich nach dem Absetzen befreit. Mein Denken wurde klarer, meine Gefühle intensiver und mein Sättigungsgefühl kehrte zurück. Diese Erfahrungen führten dazu, dass ich die etablierte medikamentöse Behandlung von Schizophrenie mit Neuroleptika zunehmend kritisch hinterfragte.

    Allerdings kam es nach den ersten beiden Absetzversuchen zu Rückfällen mit psychotischen Symptomen, die stationäre Aufenthalte erforderlich machten. Ich begann mich zu fragen, ob ein Leben ohne Neuroleptika für mich möglich ist und wie viel Selbstbestimmung mir im Umgang mit meinen psychischen Beeinträchtigungen tatsächlich zusteht.

    Phase 3: Stabilität und Lebendigkeit mit Minimaldosis (seit 2019)

    In den Jahren zuvor hatte ich gelernt, psychotische Frühsymptome mithilfe mentalen Trainings frühzeitig zu erkennen und mein Verhalten entsprechend anzupassen. Nachdem die Symptome nach dem dritten Absetzversuch erneut aufgetreten waren, entschloss ich mich, Aripiprazol in einer möglichst niedrigen Dosierung einzunehmen.

    Mit der Zeit stellte ich fest, dass bereits ein Milligramm pro Tag ausreichte, um stabil zu bleiben (F im Diagramm). Die störenden Wirkungen des Neuroleptikums waren bei dieser Minimaldosis deutlich schwächer ausgeprägt. Zwar waren die kognitiven Einschränkungen und das fehlende Sättigungsgefühl weiterhin vorhanden, doch sie waren erträglich geworden.

    In den folgenden Jahren gelang es mir, viele Krisensituationen ohne zusätzliches Aripiprazol zu bewältigen. In einigen Fällen (G, I und J im Diagramm) musste ich die Dosis jedoch kurzzeitig geringfügig erhöhen. Mehrfach versuchte ich auch, die Dosis unter ein Milligramm zu senken (H, J und K im Diagramm), kehrte aber stets zur täglichen Dosis von einem Milligramm zurück.

    Ein neues Verständnis von Krise und Behandlung

    Nach den besonders herausfordernden Jahren entwickelte ich gegen Ende des letzten Jahres einen Burnout und begab mich im Januar in eine teilstationäre Behandlung (L im Diagramm). Zwar war ich erschöpft, doch da ich keine psychotischen Symptome hatte, konnte ich klar denken und fühlen. So erlebte ich ein psychiatrisches Umfeld zum ersten Mal als wirklich hilfreich und unterstützend.

    Der Oberarzt fragte mich, ob ich zusätzlich ein Antidepressivum einnehmen möchte. Ich äußerte jedoch den Wunsch, auf weitere Medikamente zu verzichten. Er war damit einverstanden. So konnte ich die Erfahrung machen, dass ein Burnout auch ohne den Einsatz weiterer Psychopharmaka durch vielfältige Therapien und zahlreiche therapeutische Gespräche heilbar ist.

    Fazit

    Mein Weg mit Aripiprazol war lang und fordernd und ist bis heute nicht abgeschlossen. In den vergangenen 15 Jahren habe ich jedoch gelernt, meine psychische Gesundheit individuell und selbstbestimmt zu gestalten – auch jenseits der offiziellen Leitlinien zur Behandlung von Schizophrenie.

    Heute gelingt es mir, mit minimaler Medikation psychisch stabil zu bleiben und zugleich so lebendig wie möglich zu sein. Einerseits waren meine Erfahrungen mit den Psychosen sowie das mentale Training, das ich daraus entwickelt habe, auf diesem Weg von großer Bedeutung. Andererseits waren die Unterstützung und Augenhöhe, die ich durch mein soziales und berufliches Umfeld erfahren durfte, sehr hilfreich und heilsam.

  • Psychiatrie zwischen Management und Heilung – ein Selbstversuch

    Psychiatrie zwischen Management und Heilung – ein Selbstversuch

    Seit meiner Ersterkrankung war ich viermal in der Psychiatrie: 2010, 2018 und 2019 wegen akuter Psychosen sowie dieses Jahr wegen eines Burnouts.

    Glücklicherweise konnte ich dort auch heilsame Erfahrungen machen. Andernfalls hätte ich wohl kaum die Chance gehabt, meine Skepsis gegenüber dieser Institution zu überdenken.

    Als ich die hohe Dosierung der Neuroleptika, mit denen meine Stress- und Psychoseanfälligkeit behandelt wurde, zunehmend als hinderlich empfand, wollte ich ganz ohne Medikamente auskommen und setzte sie mehrfach abrupt ab. Nachdem ich daraufhin erneut psychotisch geworden war und in die Psychiatrie eingewiesen worden war, hatte ich den Eindruck, die Ärzte wollten mir meine Selbstbestimmung nehmen und mich mit Medikamenten ruhigstellen, um mich anschließend damit zu entlassen.

    In diesem Jahr hatte ich „nur“ ein Burnout, konnte klar denken und fühlen – und war erstmals in der Lage, während der Behandlung in der Tagesklinik Blankenburg das Spektrum an Hilfsmöglichkeiten wahrzunehmen und zu nutzen, das diese Einrichtung bietet. Zum ersten Mal empfand ich die Behandlung und das Behandlungsteam der Psychiatrie als heilsam.

    Dabei wurde mir bewusst, wie sehr meine Wahrnehmung subjektiv ist. Das psychiatrische Umfeld und das Personal können gleich bleiben, doch meine Sichtweise kann sich stark verändern. Mal empfinde ich sie als hilfreich und heilsam, mal als das Gegenteil.

    Diese Erkenntnis möchte ich nutzen, um mich sowohl für ein gutes Patientenmanagement als auch für heilsame Interventionen innerhalb des psychiatrischen Versorgungssystems einzusetzen.

    Als ich im Februar einen Leserbrief zum Artikel „Das Problem heißt Psychose“ an ZEIT ONLINE schickte, um auf meine persönlichen Erfahrungen mit minimaler Medikation aufmerksam zu machen und ein strengeres psychiatrisches Management zu hinterfragen, erhielt ich keine Antwort.

    Auch auf meinen Bericht über heilsame Erfahrungen in der Psychiatrie, den ich vor sechs Wochen bei Mad in America einreichte, um der psychiatriekritischen Gemeinschaft eine alternative Stimme zu bieten, habe ich bislang keine Rückmeldung erhalten.

    Einen Mittelweg zu finden, erweist sich als schwieriger als gedacht. Das liegt sicherlich auch an meinen eigenen kommunikativen und sprachlichen Möglichkeiten.

    Der Ausgang dieses Selbstversuchs ist ungewiss. Ich weiß nicht einmal, ob sich dieser Weg wirklich lohnt.

  • Nein. Psychose ist nicht das Problem.

    Nein. Psychose ist nicht das Problem.

    Letzte Woche erschien in der ZEIT ein Artikel, in dem nahegelegt wird, dass Gewalttaten häufig von Menschen mit Schizophrenie begangen würden – und dass diese Menschen Medikamente bräuchten, um das Gewaltrisiko zu kontrollieren. Bereits im Februar veröffentlichte ZEIT Online einen ähnlichen Beitrag, in dem suggeriert wurde, Psychosen seien die Ursache für Amokläufe. Auch dort wurde gefordert, Betroffene notfalls gegen ihren Willen mit Depot-Neuroleptika zu behandeln.

    Viele Menschen greifen gleich zu Psychopharmaka, und das ist für mich ein großes Problem. Denn Psychopharmaka heilen nicht, sondern unterdrücken die Ursachen und Symptome psychischer Störungen. Dadurch werden psychische Störungen und damit auch die Menschen, die darunter leiden, unsichtbar. Sie verschwinden aus dem Bewusstsein der Öffentlichkeit – bis die nächste Schlagzeile ruft, wie gefährlich sie sind.

    Tatsache ist, dass eine bloße Korrelation noch lange keine Ursächlichkeit ausmacht. Psychische Erkrankungen können auch nicht die alleinige Ursache von Gewalttaten sein, denn sie selbst sind, meiner Meinung nach, nicht selten die Folge erlebter Gewalt. Wenn sich wissenschaftlich nachweisen ließe, dass Psychosen und Schizophrenie das Gewalt- und Amokrisiko steigern, wäre das eine Tatsache, die berücksichtigt werden müsste. In den Zeitungsartikeln wird jedoch nicht auf entsprechende Studien hingewiesen.

    Um das Gewaltrisiko in unserer Gesellschaft nachhaltig zu senken, brauchen wir die ernsthafte Bereitschaft aller Mitglieder unserer Gesellschaft, Menschen mit psychischen Erkrankungen und ihrem Leid wahrzunehmen und ihnen zuzuhören. Genau dort beginnt für mich die Heilung. Die Heilung seelischen Leidens, der Wut und der Aggressionen, die erst recht begünstigt werden, wenn sie nicht wahrgenommen werden dürfen und nur unterdrückt werden können.

    Ich habe kein Verständnis dafür, wenn in den Nachrichten immer wieder zu lesen ist, dass Menschen mit Schizophrenie die Allgemeinheit gefährden und am besten medikamentös zwangsbehandelt werden müssten. Nein! Genau das ist der falsche Weg, denn er stigmatisiert und erzeugt am Ende nur noch mehr Gewalt.

  • Abschied von meiner geschätzten Kollegin und meinem geschätzten Kollegen

    Abschied von meiner geschätzten Kollegin und meinem geschätzten Kollegen

    Ich habe meine Psychoseerfahrung stets offen kommuniziert, sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld. Bereits beim Bewerbungsgespräch im Juli 2011 erzählte ich meinem Vorgesetzten, der zugleich mein Diplomvater war und mit dem ich über die Jahre während der Promotion und der Postdoc-Zeit in Kontakt geblieben war, dass ich im Sommer zuvor eine Psychose erlebt hatte und mich beruflich neu orientieren wollte.

    Heute weiß ich, wie viel Glück ich hatte, schon bald darauf als technische Mitarbeiterin in seiner Abteilung beginnen zu dürfen. Ich kenne keine andere Person mit einer Schizophreniediagnose, die in diesem Maße gefördert und geschützt wurde. Von Anfang an fand ich ein Arbeitsumfeld vor, in dem ich offen sein konnte, mich sicher fühlte und in dem ich so arbeiten durfte, wie es mir möglich war.

    Gerade in den ersten Jahren, in denen ich hochdosiert mit Neuroleptika behandelt wurde, was mir Stabilität gab, aber auch meine kognitiven Fähigkeiten erheblich beeinträchtigte, erschrak ich nicht selten, wenn mein Kollege J. plötzlich und sehr energisch die Tür aufriss und mich aus meinen Tagträumen vor dem Bildschirm riss. J., meine Kollegin H. und ich mussten dann immer darüber lachen.

    Als ich meinen Mann kennenlernte und heiratete, freuten sie sich mit mir. Als ich versuchte, ohne Medikamente auszukommen, waren sie für mich da. In Zeiten von Rückfällen und bei der Wiedereingliederung machten sie sich Sorgen um mich. Als es mir zunehmend besser ging und ich mich schließlich in der Mental Health Initiative einbringen konnte, waren sie stolz auf mich und haben mich sehr unterstützt.

    Seit meinem Umzug nach Heidelberg vor acht Jahren ist der Kontakt zwar seltener geworden, aber meine Kolleginnen und Kollegen sind für mich nach wie vor eine Konstante. Unabhängig davon, wie es mir gesundheitlich ging, spürte ich stets ihre Unterstützung. Am vergangenen Mittwoch war ich nach langer Zeit wieder in Stuttgart, um mich persönlich von H. und J. zu verabschieden, da sie jetzt aufhören zu arbeiten.

    Danke, dass Ihr so lange meine Kollegin bzw. mein Kollege wart. Für meine Genesung war es von unschätzbarem Wert, dass gerade Ihr an meiner Seite wart. Ich bin sehr dankbar für die gemeinsame Zeit.

    Ich wünsche Euch von Herzen alles Gute!

  • Erinnerungen an die bewegten Zeiten

    Erinnerungen an die bewegten Zeiten

    Wenn ich heute die Berichterstattung von „Democracy Now!” verfolge, denke ich zurück an eine prägende Phase meines Lebens vor 15 Jahren. Damals erlebte ich meine erste Psychose – kurz nachdem ich, nach der Promotion und meinem ersten Arbeitsverhältnis als postdoktorale Forscherin in London, ein Zweitstudium in Medizin begonnen hatte. Es war mein Versuch, als junge Erwachsene in einer turbulenten, globalisierten Welt meinen Platz zu finden.

    In dieser Zeit stieß ich auch auf die Werke von Noam Chomsky und begann, regelmäßig „Democracy Now!” zu schauen. Diese Stimmen halfen mir, das minimale Vertrauen in die Welt zu bewahren, an mich selbst zu glauben – und mit meinen Krisen zu hadern. Heute erfüllt es mich mit Hoffnung, junge Menschen zu sehen, die sich gewaltfrei für Frieden engagieren. Umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass viele von ihnen selbst extreme Gewalt und tiefgreifende Traumata erlebt haben.

    Vielleicht habe ich mich im Kern seit damals nicht wirklich verändert. Und doch ist in den letzten 15 Jahren so viel geschehen, dass ich mich frage, ob sich nicht doch alles verändert hat. Das Momentum, mit dem ich als Heranwachsende und junge Erwachsene versuchte, mich selbst und das Leben zu verstehen, lodert bis heute in mir weiter. Ich hoffe, dass ich es nie verliere.

  • Exzellenz ist inklusiv!

    Exzellenz ist inklusiv!

    Im Juli 2021 erschien mein erster Artikel mit dem Titel „Inklusion, Stigma und Arbeitsplatz – Perspektive einer Psychoseerfahrenen” in einer organisationsinternen Veröffentlichung mit einer Auflage von ca. 17.000. Darin schrieb ich über meinen Traum von der Inklusion und fragte mich, wie meine verminderte Leistungsfähigkeit zum Exzellenzbestreben der Forschungsorganisation passt.

    Seither habe ich gelernt, meinen Traum nach außen zu vertreten und mich gemeinsam mit Gleichgesinnten für Inklusion, Vielfalt und Menschenrechte einzusetzen. In der Forschungsorganisation habe ich drei Jahre in Folge die Veranstaltungsreihe zur mentalen Gesundheit koordiniert. Im Asylarbeitskreis Heidelberg war ich ein Jahr lang im Vorstand für die Geflüchtetenhilfe aktiv. Im Heidelberger Beschwerdechor habe ich für Inklusion mitgesungen.

    Beim Lesen des aktuellen Leitartikels in Le Monde diplomatique über die Rolle der USA und Chinas im globalen Handelskrieg erinnerte ich mich an ein kürzliches ZEIT ONLINE-Interview mit Niall Ferguson. Darin erklärte er, wie die DEI-Programme Tech-Unternehmer wie Musk in die Arme von Trump getrieben haben, da sie „nicht mehr die besten Leute für einen Job einstellen konnten, sondern stattdessen Minderheiten- und Opferkategorien beachten mussten“.

    Heute weiß ich: Exzellenz ist inklusiv!

    Das gilt für mich für gesellschaftliche Debatten über DEI-Programme genauso wie für die globale Ordnung. Inklusion und Vielfalt sind wichtig und relevant für alle, nicht nur für die Betroffenen. Wir alle brauchen ein Arbeitsumfeld, das wertschätzend und sicher ist, ohne den Druck, nicht krank oder leistungseingeschränkt werden zu dürfen. Ich glaube, dass Menschen nur in einem solchen Arbeitsumfeld ihre maximale Leistung erbringen und möglichst gesund bleiben können.

  • Ausbruch aus den „verlorenen Jahren“

    Ausbruch aus den „verlorenen Jahren“

    Langsam nimmt meine Homepage Gestalt an. Unter „Studio“ habe ich mehr als vierzig Bilder hochgeladen – dabei fiel mir auf, dass keines davon zwischen 2012 und 2017 entstanden ist. Etwas später durchsuchte ich mehrfach meine Backupfestplatte, aber auch dort fand ich kein einziges Bild, das meine kreativen Impulse aus diesen Jahren bezeugen würde.

    Ich glaube, das liegt daran, dass ich in den ersten Jahren nach meiner ersten Psychose im Sommer 2010 kaum in der Lage war, mich mit dieser Erkrankung auseinanderzusetzen. Gleichzeitig wurde ich hochdosiert mit Neuroleptika behandelt, in denen ich mich verlor. Erst viel später, als es mir besser ging und ich versuchte, ohne oder nur mit minimaler Medikation zu leben, begann ich mich wieder zu spüren – und auch, meine Psychosen besser zu verstehen.

    Die ersten Bilder nach den „verlorenen Jahren“ entstanden wohl während meines ersten wahnhaft-psychotischen Rückfalls 2018. Ich weiß nicht genau, warum ich damals plötzlich anfing zu malen. Was mir heute daran gefällt, ist, dass ich in diesem Raum völlige Freiheit habe. In diesem Raum kann ich alles zerstören, neu zusammensetzen und aufbauen, ganz nach meinen eigenen Vorstellungen. Allein meine Fähigkeit, mich selbst zu materialisieren, setzt diesem Raum eine Grenze. Vielleicht griff ich auch damals aus diesem Grund zu den Farben und Formen.

    Bis heute versuche ich, mir durch spielerisches und experimentelles Gestalten eine genauere Gestalt zu geben. Die Psychose hingegen ist für mich ein Zustand, in dem sich diese Gestalt – und mit ihr ihre Bedeutung – aufzulösen droht.

  • Mein neues Projekt, ein Experiment.

    Mein neues Projekt, ein Experiment.

    Frohe Ostern!

    Dieses „vorgezogene“ Osterlamm habe ich als Dankeschön für die Tagesklinik Blankenburg gebacken, aus der ich letzten Mittwoch nach dreimonatiger Behandlung meines Burnouts entlassen wurde. Das Rezept gefällt mir sehr gut, und es ist bereits das 6. Osterlamm, das ich jedes Jahr zu Ostern backe.

    Für mich ist es ein neues Projekt, eine eigene Homepage zu gestalten – mein neues Experiment. Ich habe schon ein paar Mal für den Beschwerdechor eine WordPress-Seite gepflegt und für das PostdocNet die Website für die Mental Health Awareness Week 2022 und die Mental Health Initiative 2023 gestaltet. Ansonsten habe ich keine technischen Kenntnisse, und dieses Projekt ist eine echte Herausforderung!

    Im Moment ist meine Idee, meine bisherigen und ausgewählten Forenbeiträge seit 2012, zuerst im KNS-Forum und dann im neuen Schizophrenie-Forum, auf diese Blogseite zu übertragen. Ich möchte meinen Alltag seit meiner ersten Psychose und der Diagnose Schizophrenie im Sommer 2010 dokumentieren: Was ich getan habe, was ich gedacht habe, was ich gefühlt habe. Es waren 15 lange Jahre. Seitdem ist viel passiert.

    Ihr seid herzlich eingeladen, hier mitzulesen und mit mir in Austausch zu treten 😊 .